Estomihi

14. Februar 2021

Aber die Liebe

Gedanken zu 1. Korinther 13

 

Heute ist Valentinstag. Dazu passt der Name, den der heutige Sonntag im Kirchenjahr trägt: „Sei mir ein starker Fels“ – auf Latein: „Estomihi“(Psalm 31,2).

 

Das wünschen sich Freundinnen, Freunde und Liebende voneinander, dass sie sich auf einander verlassen und in Not wie auf einen starken Felsen stützen können. Was es dazu braucht? Der Apostel Paulus fasst so zusammen: „Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“

 

Nahezu bei jeder Trauung lese ich diesen Text. Nicht wenige Paare wählen sich den 13. Vers aus dem 13. Kapitel des 1. Korinterbriefes zum Trauspruch. „Glaube, Hoffnung, Liebe“ – wo diese drei zu Hause sind, hat das Leben eine gute Grundlage. „Stimmt“, sagt Paulus und zählt alle möglichen Begabungen und Fähigkeiten auf. Er weiß, sie sind „nichts nütze“, wenn die Liebe fehlt.

 

Es lohnt, das mal nachzulesen. Dabei wird Ihnen auffallen, dass die Liebe, von der Paulus spricht, absolut selbstlos und radikal ist: Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf. (Verse 4-8a) - Können Sie so lieben?

 

Auch wenn ich es gerne möchte, ich scheitere oft daran. Dabei halte ich mich nicht für stumpf oder unwillig. Ich gehe davon aus, dass auch Sie guten Willen haben und sich wirklich Mühe geben, damit Ihr und auch das Leben anderer gut werde. Das tun auch all die Paare, die um Gottes Segen für ihre Ehe bitten und dann doch auf ihrem Weg straucheln oder gar scheitern.

 

Nach Heil und Glück sehnen sich auch all jene, die sich von religiöser Begeisterung mitreißen lassen, bis sie plötzlich eine harte Erfahrung auf die Probe stellt und das unerklärbare „Warum?“ eines Schicksalsschlages sie Gott nicht mehr finden lässt. Auch ich habe schon mehr als einmal vor einem dunklen Spiegel gestanden und nur noch ein dunkles Bild gesehen (Vers12).

 

Was trägt dann noch?

 

Paulus bleibt dabei, die Liebe trägt: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die

Liebe ist die größte unter ihnen.

Langsam fange ich an zu verstehen. Die Liebe ist nicht etwas, was

ich wie einen Besitz oder das Ergebnis einer Arbeit und Anstrengung habe. Die Liebe ist vor allem

das, was Dich trägt und mich.

 

Die Liebe ist ein fundamentales Ja.

 

Paulus stellt all den Werten und Zielen, all unserem guten Wollen und Bemühen eine Liebe entgegen, die nicht wir hervorbringen, machen und produzieren können. Nein, was uns trägt, ist die Liebe Gottes. Nicht wir halten Gott fest, sondern Gott hält uns. Gott geht in seiner Liebe mit uns so um, wie wir es uns in tiefster Seele von einander wünschen. Gottes Liebe geht so weit, dass sie sogar um das Kreuz und Leid keinen Bogen macht. Gott weiß, wir können uns nicht selbst erlösen. Und das können Liebende eben auch nicht, einander erlösen.

 

Verstehen Sie?

 

Die Liebe, von der Paulus spricht, ist eine doppelte. Es ist die Liebe, nach der ich mich so sehr sehne und die ich doch nicht aufbringen kann. Es ist aber vor allem die Liebe, die Gott uns in Jesus Christus entgegen bringt. Das wird deutlich wenn ich die Worte des Paulus etwas verändere und das Wort „Liebe“ durch das Wort „Christus“ ersetze:

 

Christus ist langmütig und freundlich, Christus eifert nicht, Christus treibt nicht Mutwillen, er bläht sich nicht auf, er verhält sich nicht ungehörig, er sucht nicht das Seine, er lässt sich nicht erbittern, er rechnet das Böse nicht zu, er freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, er freut sich aber an der Wahrheit, Christus erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, duldet alles. Die Liebe Christi hört niemals auf.

 

Selbst wenn ich keine Liebe haben sollte oder sie Dir zu entschwinden droht, Christus in seiner Liebe hält Dich und mich. Darum sucht er unsere Nähe. Damit aus seinem bedingungslosen Ja zu uns unser Ja zu ihm werde, führt Christus uns durch alles hindurch, was sich dem Leben und der Liebe entgegenstellt. Er möchte uns so zurecht-lieben, dass wir in unserem Leben immer wieder zurück finden zu Glaube, Hoffnung, Liebe – und daraus leben.

Pastor i. R. Edzard Siuts