3. Advent

13. Dezember 2020

Frieden überwindet Grenzen

Liebe Gemeinde,

der dritte Advent ist traditionell für den Friedenslicht-Gottesdienst bestimmt. In der Geburtsgrotte Jesu Christi wird eine Kerze entzündet und mithilfe der Pfadfinder*innen wird das Licht über 3.000 km durch Europa und bis in die USA verbreitet. Aber nicht nur das Licht verbreitet sich, sondern auch eine Botschaft, die Menschen und Religionen verbindet: Frieden überwindet Grenzen. Gerade jetzt.

Die Grenze zu meiner Nachbarin. Wir leben schon seit zwei Jahren im selben Haus und doch kennen wir uns kaum. Zu viel mehr als einem Moin kommt es meistens nicht.

Die Außengrenzen Europas. Für manche so verschlossen, wie ich es mit meinem deutschen Reisepass noch nie erlebt habe. Für Geflüchtete gibt es keine Möglichkeit legal einzureisen. Mit Schlauchbooten geht es auf das offene Mittelmeer in Richtung Europa. Ohne Gewissheit und doch voller Hoffnung.

Es ist Advent. Ich warte und hoffe darauf, dass Frieden kommt. Dass Gott kommt. In dieser Zeit noch mehr als in den Jahren zuvor. Dafür braucht es mehr als Weihnachtsmärkte und goldenes Geschenkpapier. Dafür braucht es Mitmenschlichkeit. Von mir und von dir. Die Grenzen überwinden sich nicht von allein. Nur abwarten hilft nicht, ich muss etwas tun. Ich muss selbst zur Grenzüberwinderin, Friede-Fürstin, Lichtbringerin werden.

Und dann kommt auch Gott. Aber nicht wie sonst in einer Krippe, sondern vielleicht mal in einem Schlauchboot. Jesus solidarisiert sich mit Menschen auf der Flucht, macht aufmerksam auf Menschenrechtsverletzungen, lebt Nächstenliebe. Ich erlebe Jesus dabei als grenzenlos, als grenzüberschreitend im positivsten Sinne. Das gibt mir Hoffnung. Das möchte ich von Jesus lernen.

Frieden überwindet Grenzen.

Wenn ich sehe, wie das Friedenslicht sich verbreitet, mit einem Lächeln weitergegeben wird, die Dunkelheit weniger wird.

Wenn ich im Treppenhaus meine Nachbarin anspreche und frage, wie es ihr geht. Obwohl ich keine Lust auf eine Unterhaltung habe. Ich über meinen Schatten springe und ihr vielleicht sogar ein Friedenslicht überreiche.

Wenn ich mich engagiere, damit nicht noch mehr Menschen auf der Flucht sterben müssen. Indem ich der Gleichgültigkeit etwas entgegensetze, mich solidarisiere und, wenn es mir möglich ist, finanziell unterstütze. Weil man keine Menschen ertrinken lässt. Punkt.

Wir alle können zeigen, dass Frieden Grenzen überwindet. Das müssen wir auch.

 

Und die königliche Person wird ihnen antworten: „Wahrhaftig ich sage euch, alles, was ihr für eines dieser meiner geringsten Geschwister getan habt, habt ihr für mich getan.“  Mt 25, 40

Amen.

Titelbild: GEP

Diakonin Franziska Feldmann
Diakonin Franziska Feldmann