Buß- und Bettag

18. November 2020

Andacht - Schmerzen, Askese, Opfer – Was denn nun?

Liebe Leserinnen und Leser,

 

Das Wort Buße hat für die meisten von uns einen negativen Klang. Es ist wie etwas belastendes oder schmerzhaftes. Wem kämen nicht die vielen Bilder aus der Vergangenheit in den Sinn, von Menschen, die meinten so ihre Reue zeigen zu müssen.

 

Als im Spätmittelalter die Pest Europa heimsuchte, da konnte man oft sogenannte Flagellanten durch die Städte ziehen sehen. Menschen die sich selber auspeitschten. Sie hofften, dass Gottes Zorn besänftigt würde, indem sie sich selber bestraften und Schmerzen zufügten. Manche Mönche haben ihre Askese, den Verzicht auf alles, was im Leben Schön und gut ist, so weit getrieben, bis sie ihre Gesundheit ruinierten. Das schien eine gute Buße zu sein.

 

Doch schien es auch einfachere Wege zu geben. Gegen Ende des Mittelalters bot die Kirche Ablassbriefe zum Kauf an. Mit ihnen wurden, so die Kirche, Strafen für Sünden im Fegefeuer erlassen. Dafür musste man nur sein Geld opfern. Buße zum Kaufen sozusagen. Diese Einstellung ist so alt wie die Menschheit. Opferkulte, wo die Menschen ihren Gottheiten von ihren Dingen, Vieh oder Ernte, das Beste geben, um sie gutmütig zu stimmen, gab es überall auf der Welt.

 

In Israel war das auch so. Im Tempel in Jerusalem herrschte Hochbetrieb. Tiere wurden geschlachtet und die besten Stücke auf dem Altar verbrannt. Gott selbst hatte es einstmals so bestimmt. So sollten die Israeliten ihm ihre Dankbarkeit zeigen. Doch nun war die Meinung verbreitet, mit diesen Opfern konnte man sich mit Gott gut stellen, ihn praktisch auf die eigene Seite ziehen und alles wieder gut machen.

 

Schließlich hatte Gott die Nase voll, fast buchstäblich. Durch den Propheten Jeremia ließ er verkündigen: „Ich kann eure Opfer nicht mehr riechen!“ Abgesehen davon, dass viele dem Propheten nicht glaubten, macht das schon ratlos. Wie funktioniert denn jetzt richtige Buße? Selbstbestrafung? Verzicht, also Askese? Opfer sind es ja anscheinend nicht.

 

Gott selbst gibt die Antwort: „Lasst ab vom Bösen, lernt Gutes tun!“ Es geht also um unsere Ausrichtung, wie bei einer Antenne. Die muss umgedreht werden, damit sie wieder vernünftigen Empfang hat. Buße heißt Umkehr. Der Weg, den ich gehe, ist nicht gut? Dann muss ich umdrehen und zurückgehen. Aber wie dann die richtige Richtung finden? Gott gibt den Weg vor. Also muss ich den Kontakt zu ihm suchen.

 

Deswegen also Buß- und Bettag: Umkehren und den Kontakt zu Gott wieder herstellen, darum geht es. Daran werden wir an diesem Tag besonders erinnert. Das ist meistens auch gar nicht so belastend oder schmerzhaft.

 

Guter Gott,

Hilf uns erkennen, wenn wir umkehren müssen. Erinnere uns daran, dass wir den Kontakt zu dir wieder suchen. Gib uns die Kraft, dir in unserem Leben Raum zu geben, auch wenn dafür etwas anderes etwas zurücktreten muss. Zeige uns den richtigen Weg für unser Leben.

Amen.

Olaf Gieseke
Pastor Olaf Gieseke