Abendmahl (Altarbild)

1909

01. Februar 2022

Kirche im Aufbau

Die Explosionen waren gewaltig. Ein schwerer Feldstein fiel im alten Pfarrgarten neben dem Fenster darnieder, Steinbrocken sausten durch die Luft und ein Hagel von Schutt verwüstete die Umgebung der Kirche.

Was war geschehen?

Im Februar 1909 begann man mit dem Abbruch des alten Kirchschiffes, damit die neue Kirche auf den alten Fundamenten errichtet werden konnte. Leider erwiesen sich die Seitenwände des Langhauses standsicherer als gedacht und man kam auf die Idee, die Wände mittels Sprengung zu Fall zu bringen.

In der Chronik schreibt Pastor Lüpsen (Pastor in Apensen von 1908 bis 1933) hierzu:

 „Es wude versucht, diese beiden Mauern zu sprengen. In Abständen von ca. 80 cm wurden an der Innenseite 40 cm tiefe Bohrlöcher angelegt, und diese Bohrlöchrer wurden eines Tages von einer kleinen Abteilung der Harburger Pioniere unter Führung des jüngsten Leutnants geladen.

Am Mittag traf ein Hauptmann ein. Als der die starken Mauern sah und die Vorkehrungen in Augenschein nahm, die Abstände und Tiefe der Bohrlöcher, die Stärke der Ladungen, sprach er gleich die Befürchtung aus, die Sprengung würde wohl nicht zum Ziele führen, zumal bei dem scharfen Frost. Und so kam es auch.

Es waren für die Zuschauer, die sich in nicht geringer Zahl eingefunden hatten, aufregende und auch gefährliche Augenblicke, wenn die Signale ertönten, die Zündschnüre angezündet wurden, etwa 6 - 8 Sprengladungen auf einmal zur Explosion gebracht wurden, und dann ein Hagel von Schutt, Kalkstücken, Steinsplittern u.s.w. durch die Lüfte sausten und die ganze Umgebung gefährdeten.

Ein 10 Pfund schweres Feldstück fiel im Pfarrgarten neben den Fenstern der Eßstube nieder. Ein anderes schlug einen dicken Zweig einer Kirchhofseiche glatt ab. Sogar in Peter Meinkes Haus wurde ein Kellerfenster von einem Stein zertrümmert.

Es ist zum Verwundern, daß kein Unglück passiert und nichts weiter beschädigt ist als eben dieses Fenster. Die Mauern aber fielen nicht; es wurde unten am Fuß im Innern ein Keil bis auf die Hälfte der Dicke herausgeschlagen. Soviel war erreicht, daß sie nun mit mehreren Winden niedergelegt werden konnten.

Mit dem Schutt sind einige Feldwege ausgebessert, so der Weg nach Neukloster. Ein Teil der Felsen wurde beim Neubau wieder verwandt. Die übrigen wurden verkauft und liegen in der Chaussee zwischen Klein Ahlerstedt und Ahrensmoor.“

 

Nach dem Fall der Wände und Beseitigung des Abbruchmaterials konnte mit dem Neubau der Kirche begonnen werden und die Arbeiten schritten gut voran, wenn auch einige Verzögerungen zu verzeichnen waren. Wie die Chronik berichtet, traten sehr häufig Stockungen ein, da verschiedene Hand­werker lange auf sich warten und sich  nötigen ließen, bis sie zur Tat schritten.

… und dennoch, nach einer insgesamt kurzen Bauzeit, konnte  am 13. März 1910 die neue Kirche unter dem Gesang „Großer Gott, wir loben Dich“ eingeweiht werden.

Quelle: Gemeindebrief Feb./März 2022

Matthias Drews

aus dem Buch 1910 - 2010 100 Jahre Kirche Apensen - Festschrift zusammengestellt von Christian Fuhst, zu beziehen im Kirchenbüro Apensen