Abendmahl (Altarbild)

1908

01. April 2022

Neues Kirchenschiff mit altem Turm?

Die gezeigte Skizze aus dem Jahre 1908 zeigt das neue Kirchenschiff mit einem separaten an der Westseite gelegenen alten Turm.

Im Kirchenschiff erkennen wir unsere Kirche wieder, die drei horizontalen Fensterbänder mit den darüberliegenden Dachgauben sowie die östlichen und westlichen Anbauten.

Aber ein freistehender Turm, und dann noch der alte aus dem Jahre 1753? Das kann ja eigentlich nicht gut gehen und das sagten sich auch etliche damalige Gemeindeglieder. Pastor Lüpsen (Pastor in Apensen von 1908 bis 1933) schreibt hierzu in der Kirchenchronik:

„Schon im Winter war hie und da in der Gemeinde die Meinung ausgesprochen, wenn man einmal baue, so sei es das Beste, gleich den Turm mitzubauen. In den Tagen des Abbruchs fand diese Ansicht immer mehr Anhänger. Bei der Versteigerung der Materialien, die durch den Abbruch der alten Kirche gewonnen waren, kam die Angelegenheit in Fluß. Einige Gemeindeglieder aus Apensen beriefen auf eigene Hand eine Gemeindeversammlung, um diese Frage zu erörtern.“

...und wie es dann so üblich ist, eine Petition, damals hieß es Referat, wurde ausgearbeitet, in dem man sich für den gleichzeitigen Bau von Kirche und Turm aussprach und dies dem Kirchenvorstand vorlegte. Pastor Lüpsen berichtet weiterhin:

„Der Kirchenvorstand unterstrich alle angeführten Momente kräftig und rechtfertigte seine - begreiflicherweise - abwartende Stellung. Auch die Gegner kamen ausgiebig zu Worte. Aber mehr als 2 Drittel der Erschienenen sprachen sich für den Bau aus. Infolge davon machte nun der Kirchenvorstand, der sich bis dahin Zurückhaltung auferlegt hatte, die Angelegenheit mit Freuden zu der seinen. Um ganz sicher zu gehen, hielt er in allen Ortschaften Gemeindeversammlungen ab. Das Resultat war günstiger als er nach dem Verlauf der Vorversammlung erwarten konnte. Mehr als 3 Viertel aller Erschienenen erklärten sich für den Bau. (180 dafür, 56 dagegen) Damit war die Sachlage geklärt, der Kirchenvorstand beschloß, den Turm zu bauen und beauftragte den Architekten Wendebourg mit der Ausarbeitung der Pläne, Zeichnungen und Risse.“

Man würde heute sagen, ein Findungsprozess mit Bürgerbeteiligung und abschließender demokratischer Entscheidung. Im Nachhinein war es gut, dass der Turm fiel, um einem neuen Platz zu machen. Denn als der Turm Ende Juni 1909 abgebrochen wurde, die Verbandhölzer gelöst, die Ständer auf der Südseite eingesägt, und der Turm umgerissen, zeigte sich, dass er viel morscher war, als irgendeiner gedacht hatte. Von außen sah er mit seinem Schieferdach und seiner Bekleidung aus Sandsteinplatten, Solinger Fliesen, die auf die Bretterwände aufgenagelt waren, glatt, schier und sauber aus, aber dahinter war sehr viel morsch und angefault. Er hätte wohl nur noch einige Jahre stehen können. Welche Schwierigkeit es aber dann verursacht hätte, einen neuen Turm vor die Kirche zu setzen, das braucht nicht ausgeführt zu werden.

Und so steht sie nun da, unsere Apenser Kirche. Ein ruhiger Pol, umgeben vom hektischen Getriebe der Zeit. Fast majestätisch, wenn dieses Wort erlaubt sei, ein wundervoller Ort zum Insichgehen und auch um den Tönen der klangvollen Furtwängler-Orgel zu lauschen.

Schauen Sie einmal vorbei … vielleicht an einem Sonntagmorgen…!

Quelle: Gemeindebrief April/Mai 2022

Matthias Drews