Frühling 2022

01. Februar 2022

Gemeindebrief Februar/März 2022

Liebe Leserin, lieber Leser!

Foto: Lotz

vielleicht geht es den Hobbygärtnerinnen- und gärtnern unter Ihnen ähnlich:

sobald die Temperaturen steigen, sobald es beginnt nach Frühling zu riechen und der erste Löwenzahn zwischen den Ritzen hervorkommt, juckt es mich in den Fingern. Es juckt mich in den Fingern und in meinem Kopf beginnen Pläne zu ranken: was könnte ich dieses Jahr in unser Hochbeet pflanzen? Was wächst hier in Apensen (im Vergleich zu unserem vorherigen Wohnort Obertal im Nordschwarzwald) gut?

Dieses Jahr haben sich unsere Möglichkeiten erweitert: wir konnten unser mitgebrachtes Hochbeet neben das bewährte Hochbeet der Vorgängerinnen stellen. Außerdem ist nun der elterliche Garten in der Nähe, aus dem sich der ein oder andere Ableger „abluchsen“ ließe. Sollen wir also ein Beet mit Blumen bepflanzen und eines mit Gemüse? Aber ein Kind will unbedingt Erdbeeren und was ist mit Kräutern? Während ich auf die noch erdschwarzen und wüsten Beete schaue, überkommt mich Dankbarkeit und ein Lied wandert auf meine Lippen:

„Ich lobe meinen Gott, von ganzem Herzen.
Erzählen will ich von all seinen Wundern
und loben seinen Namen!“

(nachzusingen im Evangelischen Gesangbuch Nr. 272).

Ich danke Gott für meine Freiheit, für meinen Reichtum und für meine Zeit. Es ist ein Geschenk und nicht selbstverständlich, dass ich einen kleinen Teil Erde beackern und bepflanzen darf - ganz für mich, ganz für uns. Für mein Hochbeet gibt es keine Regeln, keine Beschränkungen. Ich bin frei in der Auswahl und Zusammensetzung der Pflanzen, an welchem Tag ich sie pflanze und bei welchem Wetter. So ein kleines Schöpfungs-Wunder-Projekt liegt in meinen Händen: welch eine Freiheit! Es macht mich so reich und zeigt zugleich meinen Reichtum.

Denn anders als für viele Menschen auf der Erde muss das, was ich anpflanze, nicht für mich zum Leben reichen. Abhängig von den Früchten meines Gartens bin ich nicht. Ich bin so reich, dass es mir ein Hobby sein kann, das meinen Tisch bunter macht. Wenn ich vor meinem Hochbeet stehe, danke ich all den Landwirten, Bäuerinnen und Gott, dass wir hier so reich und gut versorgt sind und gleichzeitig bete ich für alle, die nicht genug zu essen haben. Außerdem für uns, dass wir lernen besser zu teilen und zu verteilen.

Wenn ich unser Hochbeet plane, dann denke ich auch an das, was ich nicht in der Hand habe: die Zeit, die es zum Wachsen und Reifen braucht, Regen und Sonne, in anderen Worten: Gottes Segen, an dessen Wirken alles gelegen ist. Wenn ich in Gedanken durchgehe, wann wir säen und pflanzen, wann die ersten Sprossen wohl kommen und die Halme den Frühlingsstürmen trotzen werden und wie es dann sein wird, die ersten Gurken zu ernten, dann danke ich Gott schon jetzt für diese Zeit, die Gott mir und uns allen schenkt: die Zeit dieses Jahres 2022.

Liebe Leserin, lieber Leser,

ob Sie ein (Hoch)Beet oder einen Blumentopf auf der Fensterbank haben oder die Natur am Wegrand bestaunen, ich wünsche Ihnen in diesen ersten Monaten des Jahres 2022 offene Augen und ein offenes Herz für die Freiheiten, für den Reichtum und für die Zeit, die Gott uns schenkt. 

Segensreiche Grüße, Ihre

Pastorin Carmen Hoffmann